Geschäftsführer der Parkräume KG verurteilt

Aichach – Überraschung am zweiten Prozesstag beim so genannten Aichacher Parkraumstreit: Der Inhaber jener Firma, die am 27. Oktober 2007 zahlreiche Autos vom Parkplatz der Aichacher Norma-Marktes hatte abschleppen lassen, wurde von Amtsrichterin Nadine Grimm wegen vollendeter und versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr zur Bewährung verurteilt. Zusätzlich soll er 5000 Euro an die Staatskasse bezahlen. Seine Anwälte kündigten umgehend an, in Berufung zu gehen.

Das Urteil gegen Joachim G., Chef des mittlerweile bundesweit tätigen Münchner Unternehmens Parkräume KG ließ seine beiden Rechtsvertreter ratlos zurück: „Ich habe Dutzende von Amtsgerichturteilen hier, die das Vorgehen meines Mandanten für rechtmäßig erklären“, sagte Martin Goering, und sein Kollege Dr. Christoph Knauer ergänzte: „Ich war noch niemals von einer Rechtslage so überzeugt wie hier.“

Überzeugt hatte sich zuvor auch Staatsanwalt Franz Wörz gezeigt und für die erste Überraschung des zweiten Verhandlungstages gesorgt. In seinem phasenweise geradezu mitreißenden Plädoyer hatte er von einem „verwerflichen“ Geschäftsmodell der Parkräume KG gesprochen, das „auf Überrumpelung und Einschüchterung basiert“ und letztlich gegen die Rechtsordnung verstoße. Wenn dieses Modell Schule mache, dann werde mittelfristig der soziale Friede im Land gestört, denn dann würde nach und nach dazu übergegangen, „Forderungen im Wege des Faustrechts“ einzutreiben. G. selbst sei am bewussten Tag zwar selbst nicht in Aichach gewesen, doch beruhe das Vorgehen seines Außendienstmitarbeiters auf dem von ihm entwickelten Modell und auf seinen detaillierten Anweisungen. Er beantragte gegen Joachim G. deswegen die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten ohne Bewährung.

Das Verfahren gegen den besagten Außendienstmitarbeiter war kurz vor der Mittagspause wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Das Gericht hatte zuvor von dessen Anwalt erfahren, dass der junge Mann vom Münchner Vormundschaftsgericht einen Betreuer zur Seite gestellt bekommen habe, so dass eine psychologische Untersuchung unumgänglich gewesen wäre, um die Schuldfähigkeit festzustellen. Um das Verfahren nicht unnötig in die Länge zu ziehen, und um die Einbeziehung einer Vorstrafe in das neue Urteil zu verhindern, entschloss man sich für die Einstellung. Nach dem bisherigen Verfahrensverlauf waren alle Beobachter ohnehin nur von einer geringen Geldstrafe für den jungen Mann ausgegangen.

Sogar von einem glatten Freispruch für Joachim G. waren Martin Goering und Dr. Christoph Knauer ausgegangen und zeigten sich deshalb vom Antrag des Anklägers schon „höchst überrascht“. In ihren Plädoyers widmete sich Goering zunächst den zivilrechtlichen Fragen und betonte dabei zunächst das so genannte „Selbsthilferecht“, das es beispielsweise Besitzern von Liegenschaften ausdrücklich gestatte, Falschparker – also „Besitzstörer“ – notfalls sogar mit Gewalt zu entfernen. Auch das Argument der fehlenden Verhältnismäßigkeit greife hier nicht: Schließlich sei der Schadensersatzanspruch des Grundstücksbesitzers nicht auf die reinen Abschleppkosten beschränkt – dies sei bereits von zahlreichen anderen Gerichten bestätigt worden.

Apropos Abschleppkosten: Die Geschäftsführerin der Augsburger Firma, die von der Parkräume KG seinerzeit beauftragt worden war, wurde gestern ebenfalls gehört und weigerte sich zunächst standhaft, die damals vereinbarten Abschleppkosten zu nennen. Erst als Amtsrichterin Nadine Grimm sie nachdrücklich an ihre Zeugenverpflichtung erinnerte, übergab die Frau unter Protest und der Behauptung, dies sei „geschäftsschädigend“ entsprechende Belege. In einer Verhandlungspause wandte sich die Dame auch an einen Pressevertreter und „warnte“ diesen eindrücklich, die Abschleppkosten zu veröffentlichen. „Dann werden wir gegen Sie vorgehen.“ Die Rechnung des Abschleppunternehmens pro Auto betrug übrigens exakt 80 Euro – 95,20 mit der Mehrwertsteuer. Für eine Abschleppaktion hatte die Parkräume KG vom „Besitzstörer“ 255 Euro verlangt.

Während Dr. Christoph Knauer seinen Mandanten Joachim G. als „seriösen Unternehmer“ bezeichnete, der als Dienstleister das Hausrecht eines Auftraggebers geltend mache und sich rechtlich nichts zuschulden kommen lasse, sprach Richterin Nadine Grimm in ihrer Urteilsbegründung davon, dass der Angeklagte mit seinem „tatsächlich verwerflichen“ Geschäftsmodell die Menschen in eine Notlage bringe, die auch durch deren vorangegangenes Fehlverhalten des Falschparkens nicht mehr zu rechtfertigen sei. Im Gegensatz zu den Ausführungen der Verteidigung dürfe man das Zurückbehaltungsrecht nur auf die eigentlichen Kosten des Abschleppens anwenden – nicht aber auf jene Beträge, die die Parkräume KG gefordert hatte.

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